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VIER MAL MALEREI

Malerische Positionen der Klasse Sauerbruch

Marta Fischer, Silvia Götz,

Elisabeth Schottenheim-Hien, Judith Treimer

17. September bis 22. Oktober 2023

Professor Horst Sauerbruch präsentierte regelmäßig sein malerisches Werk in der Galerie Villa Maria. Viele Jahre bildete er Kunstlehrer an der Münchner Kunstakademie aus. Mit Werken von vier Malerinnen aus der „Klasse Sauerbruch“ will die Galerie an das künstlerische Vermächtnis von Horst Sauerbruch erinnern.


Martha Fischer
Ein Prototyp für die Künstler*innen, denen Eitelkeit und Geltungssucht fremd sind, weil sie sich von der Malerei mitnehmen lassen, ihr alles andere unterordnen. Die Intensität ihrer Bilder entsteht aus dem Ringen mit der Farbe und dem unbedingten Willen zur Malerei.
Silvia Götz
Ihre Bilder entführen in eine traumartige Welt. Sie sind gegenständlich, ein sehr feines und detailliert freies kompositorische Spiel von Farben und Formen.
Elisabeth Schottenheim - Hien
Man könnte meinen ihre Bilder versuchen, in der Tradition von Cézanne, ein Farbereignis parallel zur Natur zu erschaffen, das nicht nachahmen, sondern in einem Parallelprozess das Malerische so ergründen will, dass die Frische, wie sie an einer Blüte zur Erscheinung kommt, unmittelbar durch die Malerei erzeugt wird.
Judith Treimer
Ausgangspunkte ihres malerischen Werks sind Bilder, die wir aus der Realität kennen. Mit Erinnerungen an erfahrbare Emotionen erscheinen sie real, weil die Motive mehrfach gebrochen sind, sich in Flecke und malerische Algorithmen aufzulösen scheinen.

Viermal Malerei –
malerische Positionen der Klasse Sauerbruch.

Wir eröffnen heute die Ausstellung: Vier mal Malerei, malerische Positionen der Klasse Sauerbruch.
Horst Sauerbruch lehrte über 30 Jahre an der Münchner Kunstakademie das Fach Kunsterziehung.
Er gehörte zum Kreis der Malern, die diese Galerie regelmäßig präsentiert. Seine Ausstellungen waren immer fulminante.
Das lag an seiner unverwechselbaren malerischen Handschrift, aber auch daran, dass seine Ausstellungen immer von vielen seiner ehemaligen Studenten besucht wurden.
Ich fragte mich immer: Was hat er diese Studenten gelehrt, dass sie auch Jahre nach ihrem Abschluss immer noch seinen Rat suchten.
Meine Schlussfolgerung: er war ein guter Lehrer.
Ich kann das bestätigen: Horst Sauerbruch hat auch meinen Blick auf die Arbeit von Künstlern und damit meine Sicht auf die Arbeit für und in dieser Galerie geschärft.
Ich habe in den Gesprächen mit ihm viel gelernt. Vielleicht auch dann erst begriffen, was mich in aller Welt dazu verleitet, diese Galerie seit 24 Jahren zu betreiben. Mein Motiv für die Gründung war ein von meinem  Schwiegervater gewecktes latentes Interesse, warum Malerei faszinieren kann. In den Gesprächen mit Horst Sauerbruch habe ich verstehen gelernt, warum ich mich für Kunst interessiere.
Darüber will ich heute reden.
Was ist für mich gute Malerei?
Bilder sind dann gut, wenn sie gefallen. Und wenn sie gefallen dann, wenn sie an erlebte Situationen erinnern.  Noch besser, wenn sie Wünsche initiieren und Emotion wecken.
Wenn das passiert, wenn Sie ein Bild quasi „anspringt“, dann erwerben Sie’s.
Ich verspreche Ihnen, dieses Bild begleitet Sie ein Leben lang. Es hilft, wenn Sie es betrachten, besser zu verstehen, was Sie in dem Augenblick bewegt.
Bilder sind Gesprächspartner. Sie stellen Ihre Gedanken und Gefühle nicht infrage. Sie lassen jeden sein, wie er in diesem Augenblick denkt und fühlt. Aber sie sind bei sich.
Künstler sind für mich Seismographen für das, was in der Gesellschaft aktuell passiert. Mit dem, was sie auf Leinwand und Papier entstehen lassen, schaffen sie eine Art Frühwarnsystem für das, was in der gesellschaftlichen Realität passiert, was sich verändert, wohin sich das gesellschaftliche Empfinden entwickelt.
Sie übersetzen, erklären und erläutern die Wirklichkeit und helfen uns, Wirklichkeit, also das, was uns umgibt und bewegt, sensibler wahrzunehmen.
Das war und ist die Aufgabe von Kultur. Kultur - und dazu gehört die Kunst - ist der Kitt, der Gesellschaften zusammenhält.
Kultur heisst für mich gesellschaftliche Veränderungen offen zu legen.  Über dieses Gespür, das zu erkennen, verfügt jeder Mensch. Manchmal muss es geweckt werden. Das Schärfen dieser Fähigkeit ist eine zentrale Aufgabe fürs „Leben lernen“.
Wo und wie soll das idealerweise passieren?
In der Familie, klar, aber vor allem in der Schule!
Ich halte die Fragen nach der Sinnhaftigkeit des Kunstunterrichts eher für eine Frage der Qualität derer, die das Fach unterrichten, überhaupt nicht aber als Frage, ob man darauf verzichten könnte.
Guter Kunstunterricht braucht besonders ausgebildete Lehrer.
Horst Sauerbruch muss so ein Lehrer gewesen sein, der das denen gut vermitteln konnte, die das Wecken und Sensibilisieren dieser Fähigkeit zu ihrem Beruf machten.
Als Horst Sauerbruch für viele so plötzlich 2021 verstarb, fragte ich mich: wie kann ich das, was er mich und viele seiner Studenten lehrte, für andere in Erinnerung halten.
Im vergangenen Jahr versuchten wir das mit der Präsentation der Arbeiten von 14 seiner ehemaligen Studenten. Organisatorisch war das anspruchsvoll. Vielen Dank nochmals denen, die halfen, das zu organisieren.
In diesem Jahr versuchen wir dieses Erinnern mit Arbeiten von vier seiner Studentinnen.
Wieder geht es um die Vermittlung der Horst Sauerbruch’sche Sicht auf die Aufgabe von Kunst – dieses Mal mit vier Frauen, aus unterschiedlichen Jahrgängen. Alle vier haben seine Sicht für die Aufgabe von Kunst von ihm gelernt und helfen heute, seine Sicht auf die Wirklichkeit zu vermitteln. Ihre Arbeiten sind Beweise dafür, welch herausragender Lehrer er für’s Lernen der Erfahrbarkeit der Wirklichkeit war.
Es sind für mich vier gleichberechtigte malerische Positionen. Deshalb stelle ich sie kurz in alphabetischer Reihenfolge vor.  
 

Martha Fischer
Sie ist ein Prototyp für die Künstler*innen, denen Eitelkeit und Geltungssucht fremd sind, weil sie sich von der Malerei mitnehmen lassen, ihr alles andere unterordnen. Die Diskussionen um Gegenständlichkeit und Abstraktion, Referenzen und Positionen werden in Gegenwart ihrer Bilder erst einmal obsolet. Es ist Malerei unglaublich nah bei sich. Wuchtig im Strich in fast unverschämter Selbstverständlichkeit. Die Bilder sprechen einen in ihrer Farblosigkeit unmittelbar an – ohne doppelten Boden. Sie setzen sich dem Betrachter aus. Ähnlich intensiv, wenngleich ganz anders gemalt, sind ihre Portraits. Aber auch sie gewinnen ihre Intensität aus dem Ringen mit der Farbe, dem unbedingten Willen zur Malerei.

Silvia Götz
Sie entführt in eine traumartige Welt. Wie berauscht blicken wir in schier endlose Bildräume, in denen eine Vielzahl von farbigen Körpern wie Lampen oder Gestirne in einer Fülle unterschiedlicher Farbnuancen aufleuchten. Ihre Bilder sind gegenständlich, sehr fein und detailliert ausgeführt – und doch wird ihre Wirkung durch Prinzipien der abstrakten Malerei bestimmt: das All-over, die Farbräumlichkeit, das freie kompositorische Spiel von Farben und Formen.

Elisabeth Schottenheim -Hien
Ihre Arbeiten tragen keine Titel, aber schnell wird erkennbar, dass der Anlass für diese ins Abstrakte tendierenden Farb- und Formgefüge aus dem Naturerleben kommen: Von der Sonne durchschienene Blütenmeere könnte erkannt werden. Und doch zeigt sich gerade wegen des Naturbezugs, wie wenig zielführend dieses „Erkennen-wollen“ und Herleiten aus dem Gegenständlichen ist. Denn wenn wir ehrlich sind, versuchen die Bilder gar nicht an unser Erlebnis von Natur anzuknüpfen, sondern sie mit bekannten Abbildern, etwa Fotografien, abzugleichen. Wenn wir aber nah herangehen, dann tauchen wir ein in eine abstrakte Welt, die in ihrer geometrischen Regelmäßigkeit und farbmateriellen Präsenz faszinierend ist. Nichts könnte weiter weg von einem eingefrorenen gegenständlichen Stillleben mit Blumen sein. Elisabeth Schottenheim-Hien versucht, wie man sagen könnte, in der Tradition von Cézanne, ein Farbereignis parallel zur Natur zu erschaffen, das nicht nachahmen will, sondern in einem Parallelprozess das Malerische so zu ergründen, dass ebendiese Frische, wie sie etwa an einer Blüte zur Erscheinung kommt, unmittelbar durch die Malerei erzeugt wird.


Judith Treimer
Judith Treimers Bilder entstehen mithilfe projizierter Fotografien, die zusätzlich farbinvertiert werden. Doch sie interessiert nicht der Fotorealismus, sondern die Unmöglichkeit, ein in Pixel aufgelöstes Lichtbild in materielle und fließende Malerei zu übersetzen. Das Foto fungiert dabei wie eine Notation, die für sich genommen oder von einem Computer abgespielt, noch keine Musik ergibt. Das Malerische wächst erst aus einer Art Dekonstruktion. Die mediale Brechung wird vorangetrieben. Ausgangspunkte sind Bilder, die wir aus der Realität kennen. Die mit diesen Erinnerungen erfahrbaren Emotionen erscheinen deshalb real, weil die Motive mehrfach gebrochen sind, sich in Flecke und malerische Algorithmen aufzulösen scheinen.

Vier Sichten auf Wirklichkeiten, vier Versuche, diese Wirklichkeiten emotional erfahrbar zu machen. Vier Versuche, die Sensibilität der Betrachter zu aktivieren, sie zu schärfen auf das, was um uns herum gerade passiert.
Auch vier Versuche, die Sicht auf das Leben besser zu begreifen, aber auch die Fähigkeit von Menschen für diese Sensibilität zu feiern.  
Die vier Malerinnen sind anwesend und bereit die – vielleicht durch meine Einführung angeregten Fragen - zu beantworten: was und warum sie die von ihnen wahrgenommene Realität malerisch so ausdrücken. Fragen sie – Maler*innen malen, weil sie ihre Sicht auf die Welt vermitteln wollen.    
In diesem Sinn ein wünsche ich Ihnen einen ihre Sensibilisierung schärfenden Sonntagvormittag….unterstützt mit Häppchen und Wein.

Rede Ernst Geyer
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